„Clara Mosch“: Ein Stasi-Spitzel als Kunstfotograf

Die Künstlergruppe Clara Mosch stand für unangepasste Kunst in der DDR. Eine Ausstellung in den Kunstsammlungen Chemnitz zeigt nun ihre Aktionen. Fotografiert wurden sie von Ralf-Rainer Wasse – als IM im Auftrag der Stasi. Die Ausstellung ist bis zum 17. Mai 2020 zu sehen.

Mit einer Sonderausstellung werfen die Kunstsammlungen Chemnitz einen Blick auf das Wirken von Ralf-Rainer Wasse, der mit seiner Kamera die Kunstaktionen der Künstlergruppe „Clara Mosch“ dokumentierte.

Was die Mitglieder von „Clara Mosch“ erst Anfang der 90er-Jahre aus ihren Stasiakten erfuhren: Ralf-Rainer Wasse machte seine Aufnahmen auch im Auftrag des Ministeriums für Staatssicherheit. Er gehörte zu den mehr als 120 IMs, die die Künstlergruppe überwachten und die letztlich auch zur Auflösung 1982 beitrugen.

Die Mosch-Mitglieder Michael Morgner und Thomas Ranft hegen heute keinen Groll auf Wasse. Sie seien keinen Repressionen ausgesetzt gewesen und ihnen sei auch kein Nachteil aus dessen Stasi-Tätigkeit entstanden, erklären sie:

Ohne den Wasse hätte es so etwas nicht gegeben, so eine Dokumentation für die ganzen 14 Plenairs, die wir gemacht haben – und eben mit super Fotos. Thomas Ranft, Mitglied der Clara-Mosch-Künstlergruppe

Fotos von ästhetischer Qualität

In der Chemnitzer Ausstellung kommt daher die IM-Tätigkeit Wasses kaum zur Sprache. Vielmehr richtet sich der Blick auf die Aktionen der Clara-Mosch-Gruppe sowie auf den 2017 verstorbenen Fotografen Wasse selbst, wie der Generaldirektor der Kunstsammlungen Chemnitz, Frédéric Bußmann, betont.

Die künstlerische Qualität der Bilder hebt Bußmann besonders hervor. So orientierte sich Wasse stark an der Sozialfotografie der 20er-Jahre, an August Sander oder Renger-Patzsch. Auch habe er einen guten Sinn für ästhetisch gut gemachte Fotos bewiesen, ebenso für bestimmte Konstruktionen, Kompositionen, geometrische Elemente, so Bußmann weiter.

Es sind nicht einfach nur Dokumentarfotos für die Stasi oder für die Clara-Mosch-Gruppe gewesen, sondern es sind zum Teil Fotografien, die eigene künstlerische Ambitionen haben. Frédéric Bußmann, Generaldirektor der Kunstsammlungen Chemnitz

Die Künstlergruppe „Clara Mosch“

Promenade Göhren, 1979 Bildrechte: Lindenau-Museum Altenburg/Archiv der Fotonegative von Ralf-Rainer Wasse: Die Künstlergruppe Clara Mosch und die alternative Kunstszene der DDR in den siebziger und achtziger Jahren 2020

„Clara Mosch“ ist nicht der Name einer Künstlerin, sondern einer 1977 in Karl-Marx-Stadt gegründeten Künstlergruppe, die als Inbegriff der unangepassten Kunst in der DDR galt. Zu ihr gehörten Thomas Ranft, Dagmar Ranft-Schinke, Carlfriedrich Claus, Michael Morgner und Gregor-Torsten Schade (heute Kozik).

Bekannt wurde „Clara Mosch“ unter anderem durch spektakuläre Kunstaktionen, die zumeist temporären Charakter hatten.

Dank der Fotografien von Wasse, der eng mit den Künstlern befreundet war und sich selbst als „Hilfsmosch“ bezeichnete, sind die Aktionen alle dokumentiert und damit letztlich auch als wichtige Beispiele alternativen Kunstschaffens in der DDR für die Nachwelt überliefert.

Quelle: mdr Mehr Infos hier